Lehmhaus

 

Das Haus

Dem Bau des Hauses gingen viele Überlegungen voraus. Es wurde klar, dass einige Randbedingungen eingehalten werden mussten, insbesondere die örtlichen Bauvorschriften. Die Verwendung von lokal gut verfügbaren Materialien und eine preiswerte Bauweise gaben dann schließlich den Ausschlag zum Bau eines Lehmhauses, nachdem weder eine in die Erde integrierte Earthship-Bauweise, noch eine “Haus im Gewächshaus”-Bauweise auf diesem Grundstück genehmigungsfähig gewesen wäre.
Die hervorragenden baubiologischen Eigenschaften von Lehm sollten sich inzwischen herumgesprochen haben. Insbesondere die Pufferung der Luftfeuchtigkeit ist auf den Kanaren von Vorteil, da es starke Schwankungen zwischen Sommer und Winter gibt. Die hier übliche Bauweise mit viel Beton bringt oftmals Probleme mit Schimmel hervor, da diese Wände kaum Feuchtigkeit puffern können.

Vorteile von Lehm

Direkt auf dem Grundstück ist Lehm verfügbar, der sich nach den ersten Proben als tauglich für den Bau erwies. Außerdem ist auf der Insel viel von einem leichten Lavabims vorhanden, der hier Gransón oder auch Picón genannt wird. In der einschlägigen Literatur wird eine Bauweise beschrieben, bei der diese Mischung aus mineralischem Leichtlehm (Lehm und Gransón) in eine Schalung geschüttet wird. Gegenüber Stampflehm oder Lehmziegeln ergeben sich einige Vorteile:

  • Geringerer Arbeitsaufwand
  • kein spezieller Zwangsmischer erforderlich
  • kein Stampfen nötig
  • einfache Gleitschalung möglich
  • fast kein Schrumpfen beim Trocknen
  • Tragwerk aus Holz kann komplett in die Wände integriert werden
  • keine Schimmelprobleme im Gegensatz zu Strohlehm

Zunächst wurde die Baustelle wie üblich vorbereitet. Nachdem der Mutterboden abgetragen wurde, entstand ein herkömmliches Streifenfundament aus Beton. Darauf wurde ein Holzständerwerk errichtet. Als Dachform wurde ein Pultdach mit 10° Dachneigung gewählt, weil damit ein Gründach am Einfachsten zu realisieren ist. Die üblichen kanarischen Walmdächer sind zwar sehr hübsch, aber meistens undicht und unpraktisch ohne Dachüberstände oder Entwässerung. Für ein Lehmhaus wäre es tödlich, wenn das Regenwasser in die Wände eindringt.

Mischungen

Schon wenig später war es soweit und die ersten Mischungen konnten in die Schalung geschüttet werde. Das erwies sich anfangs noch recht einfach, aber mit zunehmender Wandhöhe wurde es immer mühsamer, die vollen Eimer in die Schalung zu schütten. Mit durchschnittlich zwei Personen zog sich diese Bauphase dann doch über fünf Wochen hin, und wir waren froh, als diese Plackerei ein Ende fand.

Die Arbeit mit dem Lehm ist ansonsten sehr angenehm im Gegensatz zu Beton. Allerdings sind die Eigenheiten des Baustoffs Lehm zu beachten, um gute Ergebnisse zu erzielen. Für mineralischen Leichtlehm wird zunächst eine Lehmschlämme angerührt mit der Konsistenz von Rührteig oder Kartoffelpürree. Das geht am besten mit einem kräftigen Putzrührer. Eine Bohrmaschine mit Rührer würde den Belastungen wahrscheinlich nicht lange standhalten. Wichtig ist das richtige Mischungsverhältnis von Lehm und Wasser und ein ausreichend langes Rühren (mind. 5 Minuten!).

Es ist gut zu Beobachten, wie die Schlämme beim Rühren immer dicker wird, was ein Aufschließen der Tonplättchen anzeigt. Zu kurzes Rühren kann zu großen Festigkeitseinbußen führen.

Betonruehren

Dann wird in ein einem normalen Betonmischer zunächst Gransón eingefüllt und leicht angefeuchtet, so dass es nicht mehr staubt. Die Lehmschlämme wird etwa im Volumenverhältnis 1:3 bis 1:4 dazugegeben und einige Minuten gemischt. Das Ausgießen aus dem Mischer ist etwas mühsam; für die zweite Hälfte muss man mit der Kelle nachhelfen (bei ausgeschaltetem Mischer natürlich).

Betonmischer

Man hüte sich allerdings davor, die Mischung zu flüssig zu machen, da sonst die Festigkeit und die Trocknung erheblich verschlechtert werden. Das richtige Mischungsverhältnis hängt von der Art des Lehms und anderen Faktoren ab und wird am besten vorher durch Proben ermittelt.

Gleitschalung

 

Lehmwände im Rohbau

Außenputz

Nach 11 Lagen a 20 cm waren die Mauern fertig. Damit war die Tür- und Fensterhöhe erreicht. Der obere Bereich wurde später mit Heraklitplatten geschlossen und mit Hobelspänen ausgefüllt. Vor dem Aufbringen des Verputz muss der Lehm richtig gut durchgetrocknet sein, was im Sommer nach einigen Wochen der Fall ist. Außen wurde ein zweischichtiger Kalkverputz gewählt, der zwar spritzwasserabweisend aber gut dampfdurchlässig ist. Der Außenputz sollte etwas diffusionsoffener sein, als der Innenputz, damit die Feuchtigkeit das Haus nach außen verlassen kann. Ein Zementputz ist daher ungeeignet; ein Lehmverputz wäre im kanarischen Winter allerdings zu feuchteempfindlich. Erst mit dem Außenverputz und dichtem Dach ist der Rohbau soweit regensicher. Die Lehmbauphase sollte am besten zwischen Mai und August liegen, dann gibt es die wenigsten Probleme mit Regenschauern.

Kalkverputz

Dach

Der Dachaufbau wurde als sogenanntes Umkehrdach ausgeführt. Dabei liegt die Wärmedämmung auf der Außenseite. Zunächst wurden auf die Sparren 22 mm OSB-Platten aufgebracht. Darauf kommt direkt eine wurzelfeste EPDM-Folie von 1 mm Stärke. Es folgen 3 cm Styrodur, eine Drainagematte und schließlich 10 cm Gransón. Zu Kondensationsproblemen an der Dachfolie sollte es nicht kommen, da die Folie praktisch auf der warmen Seite liegt.

Dach mit Schüttung von Lavabims

Innenputz

Für den Innenverputz wurden verschiedene Lehmputzmischungen ausprobiert, die teilweise zerkleinertes Altpapier (Pappmaché), Kiefernnadeln, Haare, Kalk, etc. enthielten. Es ergaben sich sehr unterschiedliche Eigenschaften in der Verarbeitung, Trocknung und Rissneigung. Schließlich hatte sich doch eine simple Mischung aus 4 Teilen Sand und 1 Teil aufbereitetem Lehm als bester und einfachster Kompromiss erwiesen. Die Haftung auf der rauhen Oberfläche des mineralischen Leichtlehms ist sehr gut. Risse können während der Trocknung etwas geglättet werden.

 

 

Lehmputz innen

Anstrich

Der Innenanstrich erfolgte in mehreren Schichten mit dünner Kalkmilch. Die Verbindung von Kalk mit Lehm ist nicht sehr gut und es gab etliche Probleme mit Abblättern und Abperlen beim Anstrich. Von einem Kalkanstrich auf Lehm ist also eher abzuraten. Zwar nicht getestet, aber sicherlich besser, wäre die Verwendung von weißer Tonerde (Kaolin), womit sich auch deckend weiße Anstriche erzielen lassen. Oder man lässt die natürlichen Lehmfarben, was allerdings recht dunkle Räume ergibt.

Fertig!

Fazit

Die gesamte Bauzeit für dieses kleine Haus von 50 qm betrug etwa 7 Monate. Die Bauweise mit mineralischem Leichtlehm hat sich sehr bewährt, auch wenn wir einige Details beim nächsten Mal anders machen würden. Jedenfalls ist das Raumklima sowohl im Sommer, als auch im Winter fantastisch ausgeglichen. Eine kleine Camping-Gasheizung ist ausreichend, um es auch im Winter angenehm warm zu haben. Meistens genügt aber schon die passive Sonnenwärme, die durch die großen Fenster und Glastüren hereinkommt.

Ein Kommentar

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